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Tierliebe und die ­Folgen

Über die Tierliebe wird viel philosophiert, geschrieben und diskutiert. Auch Tierarzt Dr. Rolf Spangenberg hat sich dazu seine Gedanken gemacht. Für ihn ist die Tierliebe oft ein zweischneidiges Schwert.
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Im Grunde genommen ist die Liebe zu Tieren die Basis Ihres schweren Berufs in der Zoofachbranche. Überhaupt hat jeder Mensch Tiere zu lieben, auch wenn es mancher nur vorgibt, um sich nicht ins gesellschaftliche Abseits zu stellen. In Ihrer täglichen Praxis begegnen Ihnen jedoch sicher immer wieder Fälle, die zum Kopfschütteln verleiten. Auch auf mich kommen Anfragen zu, deren Beantwortung im Studium nicht behandelt wurden. Dabei ist die Leidenschaft, mit der manche Tierfreunde ihre Thesen vertreten, erschreckend. So musste ich vor Jahren eine wissenschaftliche Abhandlung über das Taubenmanagement in Städten verfassen. Ich äußerte wohlweislich keine eigene Meinung, sondern recherchierte die Fakten. Das sprach sich aber bald herum, und ich wurde zum Ziel leidenschaftlicher Angriffe. Ähnlich erging es einem dezent unwissenden Behördenvertreter in Hamburg, der den Gedanken vertreten hatte, man möge Wanderfalken zur Eindämmung der Taubenplage einsetzen. Daraufhin erschien ein Leserbrief im „Hamburger Abendblatt“: „Wenn die Falken alle Tauben zerfleischt haben, werden sie sich auf Frauen und Kinder stürzen!“ Als ich zu sagen wagte, dieses Tierschutzproblem löse sich von allein, wenn das Füttern eingestellt würde, war ich plötzlich ein Taubenhasser. Der jüngste Fall dieser „Tierliebe“ wurde mir per E-Mail zugetragen: Eine 88-jährige Dame hatte eine junge Taube gerettet und in einem geheizten Zimmer untergebracht. Nun musste sie in ein Pflegeheim und meinte, wenn die Taube in einem Tierheim in eine ungeheizte Voliere zu anderen Tauben käme, würde sie lieber sterben, als diese Grausamkeit zu dulden. Heu statt Obst Vergleichbare Fälle sind Ihnen sicher bekannt. Immer wieder werden Tiere mit völlig ungeeignetem Futter „verwöhnt“, weil sie es doch mögen. Ein Tierheim in Nordrhein-Westfalen stellte z.B. alle Hunde und Katzen auf vegetarische Nahrung um, weil sie „natürlich“ und nicht räuberisch ernährt werden sollten. Unausrottbar auch der Glaube, man müsse Chinchillas kräftig mit Obst und Körnern ernähren. Die dann auftretende Zuckerkrankheit mit Blindheit wird hingenommen. Auch ich habe noch gelernt, dass Landschildkröten süßes und grellfarbiges Obst bekommen sollen. Das ziehen die Tiere dem Heu auch vor, doch es tut ihnen nicht gut. Aber wenn die derart malträtierten Tierchen krank werden oder sterben, ist die Schuld schnell geklärt: Sie wurden vorgeschädigt verkauft, der Zoofachhändler hat sie dem Profit geopfert. Darin besteht nun Ihre Dreifachaufgabe: Einerseits…
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