Die Zoofachhändler haben einen schwierigen Beruf. Einerseits wollen und sollen sie Tierfreunde mit deren Lieblingen zusammenbringen, andererseits ihnen in vielen Fällen vom Kauf abraten oder die Erwartungen dämpfen. Kaninchen und Meerschweinchen sind in den Augen der Tierfreunde als possierliche und natürlich völlig ungefährliche Kuscheltiere abgestempelt. Aus dieser Erkenntnis heraus, erreichte mich in meiner Onlinepraxis folgende Anfrage: „Als ich mein süßes Kaninchen hochhob und an das Gesicht presste, um mit ihm zu kuscheln, hat es erst gekratzt und dann gebissen! Wie ist das nur möglich?“ Nun sollte man auch als Laie wissen, dass wildlebende Kaninchen und Meerschweinchen scheue Beutetiere für alle Jäger sind, die von vorn (beispielsweise Fuchs) oder von oben (Greifvögel) vor ihnen erscheinen und sie schlicht fressen wollen. Dazu wird die Beute erst festgehalten, dann hochgehoben und schließlich ans Gesicht gepresst. Daraufhin treten die Zähne oder der Schnabel in Tätigkeit. Es ist nicht verwunderlich, dass die prinzipiell liebenswerten Kuscheltiere (?) in wilde Panik geraten, wenn man sie wie ein Jäger behandelt. Als Jäger – um nicht „Räuber“ zu sagen – sind Menschen ja leicht an ihren parallel stehenden starrenden Augen und den blitzenden Zähnen zu erkennen.
Tiere haben Angst Für das arme Tier gibt es zwei Reaktionsmöglichkeiten. Entweder verfällt es in Schreckstarre („Wie süß, er ist so zahm und schmiegt sich an!“) oder versucht sich in Todesangst zu wehren („Das blöde Biest ist wohl tollwütig geworden!“). Seit Jahren unternehme ich den hoffnungslosen Versuch, engagierten Tierfreunden die charakterlichen Eigenheiten von Kaninchen und Meerschweinchen zu erklären:
Es sind Bodenbewohner; wenn man sie hochnimmt, geraten sie erst einmal in Panik – anders als beispielsweise Katzen.
Mit den Händen gepackt und ans Gesicht gezogen, erwarten sie den baldigen Tod.
Ihre Reaktion ist Schreckstarre oder verzweifelte Abwehr.
Dagegen spricht nun ja eindeutig, dass diese Tiere in Ihrem Geschäft von Ihnen oder Ihren Mitarbeitern problemlos hochgehoben und vorgezeigt werden. Das ist das „Geheimnis“ eines Fachmannes. An den richtigen Stellen angefasst (die eine Hand am Nackenfell, die andere unterstützend unter dem Bauch) spüren die Tiere instinktiv, dass man ihnen nichts wirklich Böses will und wehren sich zumindest nicht in Todesangst. Wie soll man das Laien erklären? Der richtige Umgang mit allerlei Tieren ist zum Teil…