Greenologe Klaus Wagner
Greenologe Klaus Wagner

Interview

„Es ist die Kunst der Markenhersteller“

Der Greenologe Klaus Wagner zu den Chancen von alternativen Proteinquellen bei der Heimtiernahrung und Perspektiven für die Zukunft.

Viele Heimtiernahrungshersteller sind in den zurückliegenden Monaten mit vegetarischen/veganen und insektenbasierten Hundenahrungsprodukten auf den Markt gegangen. Wird dieser Trend weg von der Proteinquelle Fleisch dauerhaft anhalten?

Man kann den Eindruck bekommen, dass die Zahl der Produkte aktuell höher ist, als die Nachfrage danach gestiegen ist. Vegetarisch spielt keine große Rolle, auch weil Milch und Ei sehr teuer geworden sind. Pflanzenproteine sind öfters verwandt, werden aber noch nicht so wertig angesehen wie Fleisch; Insekten sind vor allem im Trockenfutterbereich inzwischen eine feste Größe. Gründe für den Einsatz von Fleischalternativen sind oft Allergien beim Tier. Erst an zweiter oder dritter Stelle kommt die Nachhaltigkeit bzw. die Einsicht, dass weniger Fleisch besser für unsere Umwelt ist. Bei Nassfutter mit Fleisch lag der mengenmäßige Rückgang vor allem an den hohen Preissteigerungen in den letzten zwölf Monaten bei Dosen und Frischfleisch. Vor allem bei Snack-Neuentwicklungen sind Alternativen zu Fleisch sehr gut angenommen worden. Das geringere Fleischangebot aus heimischen Schlachtungen wird durch Importe kompensiert, da es keine Kennzeichnungspflicht der Fleischherkunft gibt und der Transport immer noch sehr günstig ist. Langfristig werden sich Alternativen zu Fleisch etablieren, wenn es für die Kunden auch preislich einen Vorteil bietet. 

Ernährungsexperten weisen darauf hin, dass Insekten zwar als Proteinquelle eine gute Alternative zu Fleisch darstellen. Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass bei der Nährstoffzusammensetzung insektenbasierter Hundefuttermittel immer noch erhebliche Schwankungen auftreten können. Wie lassen sich diese Probleme Ihrer Meinung nach in den Griff bekommen?

Bei Fleischmehlen wird seit langem professionell standardisiert und nach Tierarten getrennt. Das sorgt für gleichmäßige Nährstoffzusammensetzung. Bei Insekten gibt es aktuell hauptsächlich die Schwarze Soldatenfliege, die aber je nach Hersteller unterschiedlich aufbereitet wird und bei einem Lieferantenwechsel schwankende Qualitäten aufweisen kann. Je größer die angebotene Menge am Markt, desto mehr egalisiert sich die eingesetzte Ware. Eine dauerhafte Herausforderung wird das Chitin sein, und die Abhängigkeit der Nährstoffzusammensetzung vom Alter der Larven. Es ist die Kunst der Markenhersteller, diese Unterschiede zu kennen und auszugleichen in Ihren Rezepturen. 

Die Zurückhaltung der Verbraucher ist noch sehr groß, was vegetarische/vegane und insektenbasierte Hundenahrung betrifft. So hört man jedenfalls aus dem Zoofachhandel. Wie lässt sich das Ihrer Meinung nach ändern?

Seit Jahrzehnten erzählt die Markenindustrie Stories wie „der Hund ist ein Wolf“ und „je mehr Protein, desto besser“. Diese waren schon immer falsch, nur eben sehr eingängig. Erst mit den Preissteigerungen fangen die Endkunden an über Alternativen nachzudenken, auch weil es im Humanbereich immer mehr zum Thema gemacht wird. Die Industrie muss aufhören, mit Muskelfleischanteilen und Proteingehalten zu werben. Und der Fachhandel kann sich profilieren durch geschickte Produktauswahl und gezielte Beratung hin auf Protein und nicht auf Fleisch. Letztlich Henne-Ei-Prinzip: wir brauchen das Angebot im Regal und gleichzeitig die Nachfrage durch die Kunden.

Rechnen Sie damit, dass sich neben der Schwarzen Soldatenfliege weitere Insekten als Nutztiere in der Heimtiernahrung etablieren werden? Bei welchen sehen Sie das größte Potenzial?

Tiernahrung: Eine Branche auf dem Prüfstand

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Der Mehlwurm ist seit Jahren ein bekannter und beliebter Begleiter des Fachhandels, leider weniger im Petfood-Bereich. Aber jetzt wurden Kapazitäten aufgebaut in der Produktion, und die Proteinqualität wie auch die Mengen sind so hoch, dass dem Einsatz im Petfood nichts entgegensteht. Weitere Insektenarten wie Grillen haben sicherlich auch eine hohe Akzeptanz, aber sind viel zu teuer. Der Import von günstigen Insekten von außerhalb der EU ist sehr schwierig, sodass wir uns auf die Insekten konzentrieren, die in unserem Klima gut wachsen mit heimischer Futtergrundlage. Es bleibt bei der Schwarzen Soldatenfliege als Insekt mit dem höchsten aktuellen Potenzial, gefolgt vom Mehlwurm.

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