Das Tier immer im Blick

Vor etwas mehr als zehn Jahren hatte Firmengründer Michael Hurnaus die Idee, als er gemeinsam mit Freunden einen ausgebüxten Hund gesucht hat. Damals lebte er mit seiner Frau im kalifornischen Cupertino. Zwei Stunden lang wurden die Straßen abgelaufen, bis der Ausreißer gefunden war. „Wir waren alle Software- bzw. Hardwareentwickler und haben uns gefragt, warum es nicht so etwas gibt, mit dem man am Smartphone nachsehen kann, wo der Hund gerade ist“, erinnert sich Michael Hurnaus zurück. Der Rest ist Geschichte: Drei Tage später hat er seinen Job gekündigt und nur zwei Monate später startete er mit zwei Mitgründern das Unternehmen Tractive in der alten Heimat Österreich.

Anfang 2013 wurden dann die ersten GPS-Tracker für Hunde ausgeliefert. Fortan ging es steil nach oben. Im Dezember 2018 beispielsweise erhielt Tractive ein siebenstelliges Investment von Monkfish Equity, der Beteiligungsfirma der Trivago-Gründer. Zeitgleich wurde als zweite Produktlinie das GPS-Ortungsgerät für Katzen vorgestellt. Anfang 2020 dann stieg Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner aktiv bei Tractive ein. Zuvor schon war er in der Rolle eines Investors und Advisors bei Tractive tätig, schlüpfte dann aber in eine operative Rolle in dem aufstrebenden Unternehmen. Zu diesem Zeitpunkt verzeichnete Tractive rund 250.000 aktive Abonnenten.

Zuletzt im Mai 2021 hat Tractive noch eine Wachstumsfinanzierung in Höhe von 35 Mio. Dollar (ca. 29,5 Mio. Euro) durch den amerikanischen Lead-Investor Guidepost Growth Equity erhalten. Damit wurde in den Ausbau der bereits bestehenden Marktführerschaft in Europa und für die Entwicklung und weitere Markterschließung investiert.

„Das Geschäftsfeld der GPS-Tracker hat sich seit der Gründung ständig weiter entwickelt“, berichtet Michael Hurnaus. Er unterstreicht: „Die Technologie entwickelt sich ständig weiter und die Chips werden immer kleiner. Dadurch konnten wir die Qualität des Produkts sowie die Genauigkeit und die Zuverlässigkeit über die Jahre und sechs Generationen an Geräten stets verbessern.“

Prinzipiell sei es ja keine Raketenwissenschaft, ein Mobilfunkmodul und ein GPS-Modul auf eine Platine zu packen, berichtet der Unternehmer. Es werde aber exponentiell schwerer, je kleiner das Gerät ist: „Die verbauten Antennen haben einen bestimmten Platzbedarf. Je größer die Antenne, desto besser die Netzabdeckung. Daran sind schon viele, auch große Unternehmen gescheitert, die dachten, so ein Produkt kann man auch nebenbei entwickeln“, plaudert Michael Hurnaus aus dem Nähkästchen.  

Tractive ist bis heute in einer Produktkategorie aktiv, die noch gar nicht so sehr bekannt ist. Daher wird viel Zeit darin investiert, den Hunde- und Katzenbesitzern mitzuteilen, dass es dieses Produkt bzw. diese Produktkategorie überhaupt gibt. „Wir wachsen auch im elften Jahr des Bestehens noch ungefähr 70 Prozent Jahr für Jahr, auch wenn das allgemeine Marktumfeld für viele schwierig ist“, so Michael Hurnaus. Die Kosten für seinen GPS-Tracker gibt er mit unter 50 Euro sowie die monatliche Gebühr mit etwa fünf Euro an. „Das ist nur ein Bruchteil der Futter- und Tierarztkosten, aber ganz wichtig für die Sicherheit des Tieres“, betont Michael Hurnaus.

In punkto GPS-Ortung gilt Tractive heute als Weltmarktführer. Noch in diesem Jahr soll die Zahl von einer Million aktiven Kunden geknackt werden. „Die reine GPS-Ortung ist aber mittlerweile nur noch ein Nebenprodukt, denn unser Hauptaugenmerk ist das frühzeitige Erkennen von Krankheiten oder Gesundheitsproblemen der Tiere“, erklärt Michael Hurnaus. Dazu werten die Tractive-Geräte auch die Bewegungs- und Schlafdaten sowie weitere Sensordaten aus. Denn Hunde und Katzen – darin sind sich Experten einig – sind sehr gut darin, Schmerzen oder Probleme zu verstecken. „Mit unseren Daten kann der Tierbesitzer zum Beispiel ein Anstieg von Schlafunterbrechungen oder auch eine Änderung im Verhalten erkennen“, so Michael Hurnaus. Er empfiehlt den Tierhaltern, das Tier gut zu beobachten und gegebenenfalls einen Tierarzt zu konsultieren.

Die Erkennung setzt dabei auf drei Parameter: Die Vergangenheitsdaten des einzelnen Tiers, die Erkennung von Mustern im Verhalten und nicht zuletzt den Vergleich zu anderen „ähnlichen“ Tieren. Dadurch kann ausgewertet werden, was ein normales oder ein auffälliges Verhalten ist. „Durch Machine Learning und AI wird diese Erkennung über die Zeit, Nutzung und Nutzerwachstum natürlich immer besser und genauer“, fasst Michael Hurnaus zusammen.