15,7 Mio. Katzen lebten nach Angaben der beiden Fachverbände IVH und ZZF im Corona-Jahr 2020 in deutschen Haushalten. Ihre Zahl ist damit gegenüber dem Vorjahr um eine Million gestiegen. Die Heimtierbranche profitierte von dieser Entwicklung in den zurückliegenden beiden Jahren spürbar, doch für die Umwelt sind immer mehr Katzen nicht unbedingt von Vorteil. Die Mehrheit der Katzenhalter greift nach wie vor auf mineralische Streu zurück. Dadurch entsteht viel Müll, der nicht wiederverwertet werden kann und keinen Beitrag zur Energie- oder Wärmegewinnung mehr leistet. Er muss stattdessen größtenteils verbrannt werden. Am Ende des Verbrennungsprozesses ist mineralische Katzenstreu dann Bestandteil der Aschen und Schlacke, die unter Umständen auch noch toxische Rückstände aufweist.
„Über 630.000 Tonnen Müll fallen jedes Jahr in Deutschland allein durch mineralische Katzenstreu an. 630.000 Tonnen entsprechen der Ladung von 63.000 Müll-Lastwagen“, erklärt der für Deutschland und Frankreich zuständige PLA-Repräsentant Michael Behnke. Hinzu kommt, dass die Rohwaren für mineralische Streu – Bentonit, Tonerden oder Sepiolith – oft aus Minen in Afrika, Kanada oder Spanien stammen und mit einem hohen CO2-Ausstoss transportiert werden müssen. Alles andere als nachhaltig sind für ihn auch Silikat-Streuprodukte aus Sand, die unter hohem Energieeinsatz in China gefertigt werden.
Studie zur Mineralstreu
Behnke weiß, wovon er spricht. Der Marketing-Fachmann, der seit sieben Jahren an der American University of Paris unterrichtet, initiierte 2018 eine Studie, in der erstmals das Umweltproblem Mineralstreu wissenschaftlich untersucht wurde. Die Ergebnisse der Untersuchung waren auch für Behnke erschreckend: „Die Katzenhaushalte in Europa häufen jedes Jahr einen Müllberg von ca. 4,8 Millionen Tonnen an. Es ist Zeit umzudenken und Mineralstreu zu ersetzen bzw. zu verbieten.“ Eine sinnvolle Alternative stellen für ihn pflanzliche Streuprodukte dar, die aus Sekundär-Rohstoffen der Getreideverarbeitung und der holzverarbeitenden Industrie hergestellt werden. Behnke hält sie für wesentlich effizienter. „Während das jährliche Müllaufkommen durch Mineralstreu pro Katzenhaushalt bei 270 kg liegt, sind es bei pflanzlicher Streu gerade einmal 64 kg“, betont er. Außerdem haben die Rohstoffe kürzere Transportwege, um die CO2-Belastung niedrig zu halten.
Seit kurzem vertritt Behnke ehrenamtlich die PLA in Deutschland und Frankreich. Dieser Verband mit Sitz in Mailand, der schon seit fast zehn Jahren existiert, will in Zusammenarbeit mit renommierten Wissenschaftlern und unterstützt von namhaften NGOs wie etwa Cradle to Cradle, Heimtierfirmen und Kommunen in ganz Europa auf das noch ziemlich unbekannte Thema aufmerksam machen und einen Konsumwandel anstoßen. Dazu hat der Verband die Initiative Cats For Future ins Leben gerufen. Sie will bei Unternehmen der Heimtierbranche, aber auch bei Katzenhaltern ein stärkeres Bewusstsein für die durch Mineralstreu verursachten Umweltprobleme schaffen.
Dialog mit der Politik
Auch mit der Politik befindet sich die PLA im intensiven Dialog. „Bei pflanzlicher Streu ist eine Entsorgung im Bioabfall grundsätzlich möglich und unproblematisch, wenn die Kommunen dafür die notwendigen Voraussetzungen schaffen“, so Behnke. Erste Gemeinden in Deutschland und Frankreich setzen dies sogar schon um. Cats For Future will nun, dass einheitliche Standards und Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit flächendeckend Katzenhalter pflanzliche Streu im Biomüll entsorgen können. „Pflanzliche Streu ist industriell kompostierbar und kann einen Beitrag bei der Methanisierung und Gewinnung von Biogas leisten“, so Behnke.
Dass ein Wandel im Handel erkennbar ist, zeigt ihm das Verhalten des französischen Handelsriesen Carrefour. Das Unternehmen habe sich schon 2018 dazu entschlossen, seine Silikat-Eigenmarke aus Umweltschutzgründen aus dem Sortiment zu nehmen, erzählt Behnke. Ein Jahr später habe die Supermarktkette sogar alle Silikat-Streuprodukte aus ihren Regalen verbannt. Für ihn ist diese Maßnahme auch eine Folge eines verstärkten Umweltbewusstseins innerhalb der Bevölkerung. „Immer mehr Katzenfreunde sind wachgerüttelt und lehnen Produkte mit schlechter Energie- und Umweltbilanz ab.“