„Am Anfang stießen wir mit unserer Geschäftsidee auf viel Gegenwind“, erinnert sich Geschäftsführerin Tessa Zaune-Figlar an die Anfänge von Vegdog. Einen Hund mit veganem Futter zu ernähren, konnten sich viele Zoofachhändler noch vor einigen Jahren nicht einmal vorstellen. Auch ein Großteil der Hundebesitzer reagierte anfangs eher ablehnend und verständnislos. Zaune-Figlar und Co.-Gründerin Valerie Henssen können das gut verstehen, denn auch sie waren anfangs skeptisch: Vegan für den Hund? Ist das überhaupt artgerecht?
Mittlerweile sind die beiden jungen Unternehmerinnen fest davon überzeugt, dass ihr 100 Prozent pflanzliches und glutenfreies Alleinfuttermittel für Hunde, das von Tierärzten entwickelt wurde, nicht nur gesund und schmackhaft ist, sondern auch die Umwelt und das Klima schont. Die Fleischproduktion sehen viele Wissenschaftler mittlerweile als eine der größten Treiber für die Zerstörung von Wäldern und Ökosystemen. Und die TU Berlin hat festgestellt, dass ein 15 kg schwerer Hund Umwelt und Klima mit seinem Fleischverzehr über 13 Lebensjahre so stark schadet wie 13 Flüge von Berlin nach Barcelona. Hört sich gar nicht so schlimm an, aber die Zahl der Hunde allein in Deutschland wird auf 10,7 Mio. geschätzt. Da kommen in der Tat riesige Mengen an CO2 zusammen.
Alternative zum Selberkochen
Dass es die Firma Vegdog überhaupt gibt, ist Nelson zu verdanken. Die Schäferhundmischung von Zaune-Figlar litt jahrelang an einer schweren Futtermittelunverträglichkeit. Erst als eine Tierärztin die Empfehlung aussprach, bei der Ernährung von Nelson komplett auf tierisches Eiweiß zu verzichten, ging es aufwärts. Eine andere Tierärztin stellte bedarfsdeckende Rezepte zum Selberkochen zusammen und tatsächlich: Nach vier Wochen war Nelson beschwerdefrei. Allerdings war das Kochen sehr zeitaufwändig. Und von den damals am Markt erhältlichen veganen Fertigfuttermitteln war Zaune-Figlar nicht überzeugt, weil es ihnen, so betont sie, an essenziellen Zusätzen wie etwa Taurin, Carnitin und Vitamin B12 fehlte. Von Beruf her Architektin, beschloss sie, sich künftig noch stärker mit der Ernährung von Heimtiernahrung zu beschäftigen. Nelson wurde stolze 16 Jahre alt, acht Jahre davon lebte er vegan und beschwerdefrei.
Invest und Partner
Vegdog entwickelte das erste vegane, getreidefreie und 100 Prozent bedarfsdeckende Alleinfutter, das mit Fachtierärzten entwickelt wurde. Schon 2017 schloss sich Henssen, die damals nach ihrem BWL-Studium noch Tiermedizin studierte, ihr an. Von da an bis zum ersten Investment war es nur noch ein kleiner Schritt. Im gleichen Jahr brachte die Beteiligung an der Gründer-TV-Show „Höhle der Löwen“ dem Unternehmen ein Invest der „Löwin“ Dagmar Wöhrl ein, von dem Vegdog sehr profitiert habe, so Henssen. Nach zwei Jahren trennte sich das Start-up („im Positiven“, so Henssen) von Familie Wöhrl, um frei mit potenziellen strategischen Partnern verhandeln zu können. Schon kurz darauf kam es zum Deal mit Katjesgreenfood, dem Schwesterunternehmen von Katjes, das die Marke „Vegdog“ weiterentwickeln und bei der Expansion im Handel unterstützen will. Anfang dieses Jahres wurde außerdem bekannt, dass auch der langjährige Josera-Geschäftsführer und Greenologe Klaus Wagner als so genannter Business Angel bei Vegdog eingestiegen ist.
Ausbau des Sortiments
Inzwischen gehören dem Unternehmen, das seinen Sitz in München hat, zwölf festangestellte und zehn freiberufliche Mitarbeiter an. Das Produktsortiment wurde Schritt für Schritt erweitert und umfasst mittlerweile für den Hund ein vielfältiges Angebot an Nass- und Trockenfutter-Produkten sowie Snackartikeln. Vor kurzem erregte das Unternehmen damit Aufsehen, dass es ein Nassfutter für den erwachsenen Hund in der umweltfreundlichen Tetra-Pak-Verpackung auf den Markt gebracht hat („Fünfmal bessere Ökobilanz als herkömmliche Verpackungen“). Durch die praktische Form könnten die Tetra Paks beim Transport dicht verpackt werden, so dass 91 Prozent weniger CO2 ausgestoßen würden, betont das Unternehmen. Und nicht nur das: Die Verpackung bestehe, so Vegdog, zu 70 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und könne nach dem Verbrauch zusammengefaltet werden, so dass sie kaum Platz im Müll einnehme.
Vertrieb
Wichtigster Vertriebskanal ist der eigene Onlineshop, mit dem das Unternehmen die Hälfte seines Gesamtumsatzes erwirtschaftet. In Deutschland sind die Produkte von Vegdog aber auch bei Rewe, im Onlineshop der Drogeriekette dm (mit den „Dentals“ auch in den Filialen) und bei einigen Zoofachhändlern (zum Beispiel bei Das Futterhaus und in ersten Fressnapf-Filialen) erhältlich – um nur einige der Geschäftspartner aus dem Einzelhandel zu nennen. Gelistet ist das Unternehmen auch bei dem Großhandelsunternehmen Hega, wovon sich Vegdog eine flächendeckende Präsenz im Zoofachhandel verspricht. Vegdog hat große Pläne. „In den nächsten drei Jahren wollen wir Marktführer für veganes Hundefutter in Europa werden“, nennt Henssen als Zielmarke. Im Ausland sind die Firmenprodukte bereits in den Beneluxstaaten, in einigen osteuropäischen Ländern, in Skandinavien, Spanien und Italien erhältlich. Als nächstes soll verstärkt der englische Markt bearbeitet werden.
Vegdog lässt alle Produkte in Deutschland herstellen. Die Verwendung regionaler Zutaten und die schonende Verarbeitung der Futtermittel stehen an oberster Stelle. Um eine 100-prozentige Bedarfsdeckung zu gewährleisten, wird das Futter um ein Mineralpulver und eine ganz spezielle Alge zur Versorgung mit Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren ergänzt.
Dass veganes und vegetarisches Hundefutter in den kommenden Jahren zu einem großen Trend aufsteigen könnte, hat mehrere Gründe. Tierische Proteine sind in der Pandemie teuer und knapp geworden. Da in Corona-Zeiten auch die Verbraucher gesundheitsbewusster und empfindsamer für die Belange ihrer Umwelt geworden sind, dürfte die Nachfrage nach nachhaltig hergestellter Heimtiernahrung zunehmen. Ein Indiz dafür ist auch, dass viele bekannte Tiernahrungshersteller derzeit nach pflanzlichen Alternativen zu fleischhaltigen Tiernahrungsprodukten suchen. Nachdenklich stimmt auch eine Studie des Labors für klinische Diagnostik, wonach 43 Prozent der 1.500 vierbeinigen Probanden positiv auf Futtermittelallergien getestet wurden. Als Hauptallergene wurden neben Weizen und Soja auch Rindfleisch, Kuhmilch und Lamm genannt.