TITEL
Zwischen Rhein und Ruhr
Unter Druck
Nirgendwo hat der Strukturwandel den deutschen Zoofachhandel härter
getroffen als in Nordrhein-Westfalen. Haben kleine Geschäfte an Rhein
und Ruhr überhaupt noch eine realistische Überlebenschance?
Jede Woche, wenn sich Zoohändler Müller in seinem örtlichen
Anzeigenblatt über das Neueste informieren möchte, packt ihn der
Zorn. Unübersehbar stechen ihm in großen Lettern die aktuellen
Angebote der lieben Mitbewerber ins Auge: die 425-ml-"Kitekat"-Dose
für 0,79 DM, der Vogelkäfig ab 29 DM, das Aquarium-Komplett-Set
für 79 DM - "tierische" Preise, über die sich vor allem
König Kunde freuen kann.
Preishämmer haben Hochkonjunktur in der Heimtierbranche, und fast
alle machen mit: Freßnapf, Futterhaus, Schlecker ebenso wie Welke
Zoo, Wewo und viele andere. Um Kunden in ihr Geschäft zu bekommen,
ist manchen Zoohändlern offenbar jedes Mittel recht. Tiere werden gnadenlos
über den Preis verschleudert, der Dumpingpreis des Mitbewerbers wird
noch um ein paar Pfennige unterboten, und wenn das alles gar nichts hilft,
gibt's auch mal ein Käfig zum besonders günstigen Preis, wenn
der Kunde sich dafür zum Kauf eines Wellensittichs entschließt.
In Nordrhein-Westfalen treiben es die Zoofachhändler besonders toll.
Kein Wunder: In keinem anderen deutschen Bundesland prägen Großflächenmärkte
und Ketten die Handelslandschaft in der Heimtierbranche so sehr wie an Rhein
und Ruhr. Zwar haben nach einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts
GfK Großflächenmärkte nur einen Anteil von 5 Prozent
an allen großen Zoomärkten in Deutschland. Diese tätigen
allerdings 22 Prozent des Umsatzes. Der klassische Zoofachhandel kommt dagegen
gerade einmal auf einen Distributions- und Umsatzanteil von 9 Prozent. Die
Preise fallen in den Keller. Unvergeßlich bleibt die Eröffnungsphase
von Super Pet in Duisburg um die Jahreswende 1995/96: Beim monatelangen
Preiskampf zwischen dem 3.000er Markt von Wolfgang Welke, Zoo-Zajac und
dem örtlichen Freßnapf wurde die 1.000-ml-Dose "TetraMin"
zwischenzeitlich sogar für unter 9 DM angeboten - weit unter dem empfohlenen
Einkaufspreis des Herstellers.
Duisburg ist kein Einzelfall: Jagdszenen dieser Art gibt es in Köln
ebenso wie in Düsseldorf, Dortmund und anderen nordrhein-westfälischen
Großstädten. Vor allem an Standorten, wo gleich mehrere Großflächenmärkte
aufeinandertreffen, sinken die Preise rapide. Die Marge geht verloren. Der
Druck auf die Industrie und den Großhandel, den Geschäften bessere
Einkaufskonditionen…